Kommentar: Familie nach El Salvador abgeschoben – Kritik an Landrätin Bettina Dickes

Diese tragische Abschiebegeschichte lässt Wutpickel sprießen. Die Familie Alcantara ist abgeschoben worden. Mitten in der Nacht wurde sie aus ihrem Zuhause in Roxheim geholt und nach El Salvador zurückgebracht – in ein Land, in dem sie nach eigenen Angaben von gewalttätigen Gangs bedroht wurde. Dabei hatte die Familie in Deutschland längst Fuß gefasst: Die Frau ist ausgebildete Pflegekraft, in Aussicht auf eine feste Anstellung – in einem Berufsfeld, in dem Fachkräfte dringend gesucht werden. Der Mann war als Gemeindearbeiter tätig. Beide hatten feste Jobzusagen und waren bereit, ihren Lebensunterhalt eigenständig zu bestreiten. Dass diese Familie dennoch abgeschoben wurde, ist für viele nicht nur schwer nachvollziehbar, sondern geradezu ein politisches und menschliches Versagen. Flüchtlingskoordinator Markus Lendlein bringt es im Zeitungsbericht auf den Punkt: Es sei „absurd“, Menschen auszuweisen, die in der Lage seien, sich selbst zu versorgen, wenn man ihnen nur den rechtlichen Rahmen dafür gäbe. Seine Kritik richtet sich auch an die politisch Verantwortlichen – insbesondere an Landrätin Bettina Dickes.

Denn auch wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag abgelehnt und die Härtefallkommission dem Gesuch der Familie nicht gefolgt ist, hätte die Ausländerbehörde auf kommunaler Ebene durchaus über Spielräume verfügt. Als zuständige Behördenleiterin hätte Landrätin Dickes Möglichkeiten gehabt, aufenthaltsrechtliche Instrumente wie eine Duldung nach § 60a Aufenthaltsgesetz zu prüfen – etwa aufgrund der bestehenden Arbeitsplatzzusagen und der gelungenen Integration. Auch eine Aussetzung der Abschiebung mit Blick auf eine mögliche Rückkehr über das Fachkräfteeinwanderungsgesetz wäre denkbar gewesen. Ebenso hätte eine positive Stellungnahme aus der Verwaltungsspitze gegenüber den Landesbehörden ein Signal setzen können. All diese Optionen scheinen ungenutzt geblieben zu sein. Stattdessen beruft sich die Landrätin öffentlich auf angeblich ausgeschöpfte gesetzliche Spielräume – ein Argument, das angesichts der bekannten Ermessensmöglichkeiten stark bezweifelt werden darf.

Die Entscheidung, die Abschiebung dennoch durchzuführen, war keine zwingende rechtliche Konsequenz – sie war Ergebnis politischer und verwaltungstechnischer Abwägung. In einer Zeit, in der Deutschland vielerorts händeringend nach Pflegekräften sucht, wird hier eine qualifizierte, integrationsbereite Frau mit Berufsperspektive abgeschoben. Das wirkt widersinnig – und es sendet ein fatales Signal: Dass selbst jene, die sich bemühen, arbeiten wollen und gebraucht würden, am Ende an einem starren System scheitern, dem Menschlichkeit und Pragmatismus oft fehlen.

2 thoughts on “Kommentar: Familie nach El Salvador abgeschoben – Kritik an Landrätin Bettina Dickes

  1. Die Familie aus El Salvador war erst seit zwei Jahren in Deutschland und ihr Asylantrag ist letztinstanzlich abgelehnt worden, sie hatten keinen asylrelevanten Fluchtgrund. Von in diesem Jahr getroffenen 84 Entscheidungen des BAMF bzgl. Geflüchteten aus El Salvador erhielten lediglich 3 Personen einen susidiärn Schutz, d.h. einen zeitlich begrenzten Schutz, alle anderen wurden abgelehnt. Das hat seinen Grund, denn die allermeisten kommen, wegen der schlechten wirtschaftlichen Perspektiven und Armut nach Deutschland, wofür es keinen Schutzstatus gibt. Die Pflegekraft aus El Salvador hätte es mit einem Arbeitsvisum versuchen sollen, statt dessen hat man sich entschlossen mit der ganzen Familie über den vermeindlichen einfacheren Weg Asyl einzureisen und gehofft, bleiben zu können, wenn man einen Arbeitsplatz findet. Das kann und darf nicht klappen, denn für eine Einwanderung ist das Asylsystem nicht gemacht. Und..mit Verlaub…beide hatten erst eine Aussicht auf einen Arbeitsplatz, . hier von gebrauchten Mitarbeitern zu reden ist doch etwas verfrüht. Ich finde es richtig und wichtig, streng zwischen Asyl und Arbeitsmigration zu unterscheiden und diejenigen in ihre Länder zurückzuführen, die keinen Schutztitel erhalten. Wenn sie wiederkommen möchten, müssen sie den steinigeren Weg über ein Arbeitsvisum gehen und genau das ist richtig, um das Asylsystem nicht weiter ad absurdum zu führen. Eine Ermessensentscheidung der Behörden sollte nur in ganz besonderen Fällen und nicht wie gefordert für jeden, der es möchte, ein Bleiben ermöglichen und diese ganz besonderen Fälle sind selten. Im Fall der Familie aus El Salvador hat selbst die Härtefallkommission keine Bleibemöglichkeit gesehen und das sollte von allen repektiert werden.

  2. Hegel hat einmal gesagt, dass wenn die Tatsachen nicht mit der Theorie übereinstimmen-um so schlimmer für die Tatsachen. Der Herr Weissig, ich nehme an Jurist, erläutert die Tatsachen und seine Wirklichkeit aufgrund gesetzlich objektiver Daten. Was ist aber das Wirkungsgefüge des Dramas um die Familie aus San Salvador jenseits des Rechts. Dahinter verbergen sich Hoffnungen, Vorurteile, Wertsetzungen, Mitgefühl, und da kann ich Herrn Weissig nicht ganz folgen. Hier ging und geht es um zwischenmenschliche Beziehungen, und da hat einfach der „Gesetgeber“ versagt, zumal diese Menschen arbeiten wollten, um hier ihr Leben zukünftig zu gestalten. Ich dachte einmal wir bräuchten Arbeitskräfte. Was ich in diesem Fall auch vermisse, ist das Engagement der Kirchen mit ihrem offenen und stillen Kirchenasyl.
    Nicht nur für mich ist dies eine traurig stimmende Geschichte, in der Theorie und Tatsachen
    wenig übereinstimmen.

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