Wunder gibt es immer wieder – zumindest, wenn man Fahrgast der Deutschen Bahn ist. Seit über zwei Jahren trotzen Pendler in Kirn Regen, Wind und Sonne, denn das Dach über dem Bahnsteig fehlt. Nun gibt es Neuigkeiten. Doch wie so oft: Die Freude währt nur kurz. Denn das Bauvorhaben nimmt eine weitere Wendung. Die Deutsche Bahn ließ das alte Dach entfernen – um dann festzustellen, dass die Substanz der Konstruktion in einem schlechteren Zustand war als ursprünglich angenommen. Besonders bemerkenswert erscheint der Ablauf: Mit dem Abtragen der alten Dachkonstruktion wurde begonnen, ohne dass die konkrete Nachfolgelösung unmittelbar bereitstand. Das irritiert, denn Dächer werden nach Adam Riese erst dann abgedeckt, wenn die neuen Ziegel schon im Hof liegen. In Kirn jedoch scheint man ein anderes Vorgehen gewählt zu haben. Ein Dach entfernen und dann die weitere Planung überdenken – ein Vorgehen, das manche an die berühmten Schildbürgerstreiche erinnert.
Die Bahn verweist darauf, dass Arbeiten am Dach während des laufenden Betriebs aus Sicherheitsgründen nicht möglich seien. Für die erforderlichen Bauarbeiten sei eine Gleissperrung zwischen Juli und September vorgesehen. Positiv: Die neuen Aufzüge sollen nach Angaben der Bahn bis Ende Februar in Betrieb genommen werden. Nach einer technischen Abnahme und dem Austausch eines Bauteils sei dies realistisch. Negativ: Das Eingangsschild ist noch immer zertrümmert. Der Ärger vor Ort hat derweil die Aufmerksamkeit in Berlin geweckt. Der VG-Rat verabschiedete eine Resolution, Bundestagsabgeordnete fragten nach, und die Zeitung sendete ebenfalls eine Depesche. Auch CDU-Politikerin Julia Klöckner wandte sich schriftlich an Bahnchef Richard Lutz. Die Antwort kam prompt.
Doch ob Weingarten, Klöckner oder Lutz – alle Beteiligten wissen: Die Bauarbeiten in Kirn erfordern Geduld. Während andernorts Großprojekte in kürzerer Zeit entstehen, bleibt der Bahnsteig in Kirn vorerst eine Baustelle. Die Fahrgäste hoffen weiterhin auf ein schützendes Dach – möglichst bald. Trotz der Herausforderungen blicken die Verantwortlichen optimistisch in die Zukunft. Wenn der modernisierte Bahnhof schließlich feierlich eröffnet wird, werden die derzeitigen Unannehmlichkeiten schnell in den Hintergrund treten. Bei der offiziellen Freigabe werden sich alle in den Armen liegen, sich für den erfolgreichen Abschluss des Projekts gratulieren und bei Sekt und Schnittchen gemeinsam auf das gelungene Vorhaben anstoßen.