Es ist wieder diese magische Zeit im Jahr: Lichterketten, Glühwein – und Politiker, die sich bei der Polizei einschleimen. Erst marschierte CDU-Frau Julia Klöckner mit einem Lächeln durch die PI Kirn. Kurz darauf folgte SPD-Mann Denis Alt, der sich ebenfalls nicht nehmen ließ, im Wahlkampf dem staunenden Personal zu versichern, wie großartig doch ihre Arbeit sei. Als jemand, der selbst unzählige dieser Besuche miterlebt hat, kann urteilen: So nett die Gesten auf den Fotos auch wirken – in der Realität sind sie vor allem eines: lästig. Plötzlich steht die Dienststelle Kopf, Termine- und Streifen müssen verschoben werden, Akten liegen unbeachtet herum. Die Beamten zeigen geduldig ihre Ausstattung, halten Smalltalk und erklären, dass auch in der dunklen Jahreszeit jede Sirene zählt, während die Politiker große Augen machen, sich überschwänglich bedanken und fotografieren lassen, als hätten sie gerade den Heiligen Gral entdeckt. Nicht zu vergessen die entgegengebrachte und versicherte Wertschätzung.
Kaum haben sie das Gebäude verlassen, werden die Schnappschüsse sogleich auf Facebook zur Schau gestellt – inklusive Hashtags wie #DankePolizei, #Weihnachtsfreude und #HoHoHo. Und schon beginnt das heimliche Ratespiel: Wer wird als Nächstes vorbeischneien, den Mantel über die Schulter werfen, freundlich winken und fröhlich „Ho ho ho“ sagen? Und dann ziehen sie ab, zufrieden mit ihrem philanthropischen Kurzbesuch, bereit für den nächsten Show-Fototermin – die Polizei? Die bleibt zurück und denkt: Danke, dass ihr uns daran erinnert habt, dass wir unsere Arbeit schon das ganze Jahr über tun. Aber hey, das süße Mitbringsel auf dem Schreibtisch ist ja auch etwas. So läuft das jedes Jahr: Politiker besuchen die Polizei und andere Hilfsdienste, zeigen Dankbarkeit, die Kameras klicken – und alle wissen, dass das wahre Geschenk der Vorweihnachtszeit eigentlich die Routine der Beamten ist, die unbeirrt weiterarbeiten, während draußen Schneeflocken oder auch nicht auf glänzende Politikerschuhe fallen.




