Doppelt hält schlechter – Personalakrobatik im Kirner Land

In der Verbandsgemeinde Kirner Land scheint man an ein altes Zauberwort zu glauben: Multitasking. Bürgermeister Thomas Jung hat entschieden, dass Sven Schäfer, seines Zeichens Leiter des Sozialamts, künftig nebenbei auch noch das Bauamt führen soll. Also quasi Sozialamt morgens, Bauamt nachmittags, und dazwischen vielleicht mal ein Kaffee – wenn keiner anruft. Das Sozialamt hat übrigens genug zu tun. Die Anforderungen steigen, Fälle werden komplizierter – Bürokratie-Wahnsinn obendrein. Schäfer gilt dort als jemand, der den Laden zusammenhält – oder besser: gerade so zusammengehalten bekommt. Nun soll der Kerle ontop auch noch das Bauamt retten. Man könnte sagen: Das ist nicht „sportlich“, das ist kommunalpolitischer Extremsport. Andere nennen es kurz: Harakiri. Währenddessen fragen sich Personalführer aus anderen Kommunen – also jene, die wissen, wie viele Ordner man braucht, um einen Bauantrag nur anzuschauen – ob hier gerade ernsthaft geglaubt wird, man könne einen voll ausgelasteten Abteilungsleiter einfach verdoppeln, indem man seinen Namen zweimal auf ein Organigramm schreibt. Man hört vielerorts Kopfschütteln. Und zwar das schwere, langsameren Rhythmus – das „Ich geb’s auf“-Kopfschütteln.

Die FDP in Person von Thomas Bursian weist in einem neuerlichen Zeitungsbericht darauf hin, dass Schäfer ungeachtet der Mehrfachbelastung für die neue Doppellast höher eingestuft wird – also teurer wird – obwohl die Stelle ursprünglich niedriger bewertet war. Man könnte sagen: Wenn schon Chaos, dann wenigstens gut bezahlt. Außerdem könnte man die Bauaufgaben nun vermehrt extern vergeben müssen. Womit’s noch teurer wird. Prima. Die CDU sieht neben der „Zwei-Ämter-eine-Person“-Akrobatik vor allem ein kleines Problem: Die Bauabteilung bräuchte eigentlich mehr Kraft, nicht weniger. Und eine Vision. Und eine Strategie. Und vielleicht sogar einen Menschen, der dafür Zeit hat. Kleinigkeiten eben. Und über allem schwebt die Frage: Will man hier eigentlich Probleme lösen – oder nur neu stapeln?

Und jetzt wird’s politisch persönlich: Mit dieser Personalie hat Bürgermeister Jung nicht nur eine Verwaltungsfrage gestellt, sondern sein eigenes politisches Schicksal angeheftet. Zieht er das gegen den zunehmenden Widerstand aus CDU und FDP durch, setzt er auf das Prinzip „Ich weiß es besser“. Das kann funktionieren – oder in die Kategorie „Aus Fehlern lernt man spätestens im nächsten Wahlkampf“ fallen. Lenkt er jedoch ein, müsste er zugestehen, dass der Plan von Anfang an nicht ideal war. Auch das wäre nicht angenehm, aber zumindest reparabel. Kurz gesagt: Hier entscheidet sich gerade, ob Jung der smarte Problemlöser oder der Mann der stur widersinnigen Personalakrobatik wird. Im Kirner Land schaut man jedenfalls aufmerksam zu. Und jetzt das Ganze noch mit Kulturwert: Das Kirner Land liefert mittlerweile so zuverlässig Stoff für reichlich kommunalpolitische Satire, dass es eigentlich nur eine Frage der Zeit ist, bis eine Drehbuchredaktion anruft. Und das Publikum sitzt bereits in der ersten Reihe.

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