Wenn die Romantik Geländer bekommt: Im Zweckverband Schloss Dhaun steht in wenigen Stunden eine Entscheidung an, die so alt ist wie die Menschheit selbst: Wie schützt man den Menschen vor sich selbst – und dabei das Schöne vor dem Praktischen? Konkret geht es um Geländer. Entlang der ehrwürdigen Schlossmauer sollen sie künftig die Brüstung erhöhen und für mehr Sicherheit sorgen. Anlass sind Überlegungen zur Verkehrssicherung. Denn wo früher Ritter ritten und Minnesänger sangen, tanzen heute Besucher bei Konzerten, dem Romantischen Gartenfest oder beim Weihnachtsmarkt. Und wo Menschen feiern, da lauert bekanntlich die Gefahr – zumindest juristisch. Christoph Liesenfeld, Amtsleiter bei der Kreisverwaltung Bad Kreuznach, verweist auf die §§ 823 und 836 des Bürgerlichen Gesetzbuches: Wer eine Gefahrenquelle nicht beseitigt, haftet. Und wer haftet, verliert. So weit, so verständlich. Nur: Die Mauer steht seit Jahrhunderten. Sie hat Wind, Wetter und wechselnde Herrschaften überstanden – und nie hat sich jemand ernsthaft gefragt, ob sie hoch genug ist. Erst das moderne Sicherheitsdenken, gepaart mit der Furcht vor Haftungsfragen, lässt die alten Steine plötzlich gefährlich wirken. Willkommen im 21 Jahrhundert.
Nun wird also abgewogen: Eisen oder Holz, Kostenverteilung inklusive. Die Denkmalpfleger blicken sorgenvoll, die Juristen erleichtert, die Romantiker verzweifelt. Denn eines scheint sicher: Ganz gleich, wie filigran oder dezent – ein dauerhaftes Geländer wird den Charakter der Schlossmauer verändern. Manche fragen sich daher, ob nicht auch eine temporäre Lösung möglich wäre – etwa Gitter nur zu Großveranstaltungen. Doch so einfach ist das nicht. Denn wer weiß, vielleicht verirrt sich ja auch an einem Dienstagmorgen ein Spaziergänger zu nah an die Brüstung. Und wer will schon der Erste sein, der sagt: „Das Risiko nehme ich in Kauf“? So bekommt die Romantik am Schloss Dhaun wohl bald ihr Geländer – zur eigenen Sicherheit, versteht sich. Denn in Zeiten, in denen Eigenverantwortung aus der Mode gekommen ist, bleibt nur eines: Verantwortung zu delegieren. Am besten an ein Geländer.