Schon gesehen? Da steht es also, das Gruppenbild nach dem Fassanstich der Kirner Kerb – eine Szene wie aus dem Lehrbuch für politische Außendarstellung, garniert mit Brauerei-Chef, Bürgermeister, Marktmeister und Festwirt: mittendrin wie immer Landrätin Bettina Dickes (CDU), Landtagskandidatin Katharina Gräff (CDU), die Erste Beigeordnete Christa Hermes (CDU) und – natürlich – CDU-kompatibel-light: VG-Bürgermeister Thomas Jung. Ein feierlich-fröhliches Stelldichein, ein kleines Schaulaufen der Konservativen mit Glas in der Hand und Lächeln im Gesicht. Doch beim Blick auf das Foto fragt man sich: Wo ist eigentlich die SPD? Kein Stadtratsmitglied, kein Ortsvereinsvorsitzender, keine rote Krawatte, nicht einmal ein verdächtiger SPD-Anstecker auf der Rückseite eines Jackenrevers. Nichts. Nada. Niemand. Die größte Fraktion im Kirner Stadtrat scheint kollektiv in die politische Sommerpause entschwunden zu sein. Oder wurde sie etwa nicht eingeladen? Oder war das Gruppenfoto eine exklusive CDU-VIP-Veranstaltung mit Zutrittscode: „Parteibuch bitte“? Früher – zu Fritz Wagners Zeiten – wäre so ein Bild undenkbar gewesen. „Neverever!“, wie es der Alt-Genosse mit verklärtem Blick auf seine Bratwurst von Beckers Stand Anno dazumal sagen würde.
Damals hätte sich mindestens ein halbes Dutzend Sozialdemokraten um das Fass versammelt, das Mikrofon geteilt und zur Eröffnung den „Wind of Change“ gepfiffen – noch bevor die erste Band richtig loslegte. Und heute? Heute sucht man die SPD-Größen wie früher entlaufene Katzen. Natürlich lässt sich spekulieren. Vielleicht gab’s keine Einladung. Vielleicht wurde sie übersehen. Vielleicht war man zu schüchtern für die erste Reihe. Vielleicht wollte man auch gar nicht kommen. Ein stiller Protest? Ein interner Kalenderfehler? Eine Grundsatzentscheidung gegen Festbier um 19 Uhr abends? Möglich ist alles in diesen Zeiten. Das politische Gruppenbild jedenfalls erzählt eine deutliche Geschichte: CDU, CDU, CDU – und am Rand ein FDP-Bürgermeister, der sich vermutlich fragt, warum es plötzlich so schwarz um ihn herum geworden ist. Und die SPD? Die wirkt inzwischen wie ein verschwundener Jugendfreund, an den man sich nur noch beim Anblick alter Kerbefotos erinnert. Früher alles gemeinsam gemacht, heute kein Kontakt mehr. Schade eigentlich. Aber gut: Die Kirner Kerb lebt weiter – auch ohne SPD im geschlossenen Verband. Vielleicht ist sie ja nächstes Jahr wieder da.
Vielleicht liegt es auch daran, dass sich CDU immer mehr der AfD annähert.