Also gut, ich geb’s zu: Ich bin keiner von denen, die sich bei der Frauen-EM das Gesicht in Schwarz-Rot-Gold anmalen und die Kickenden beim Vornamen nennen. Frauenfußball? Ja, ist ganz nett, wenn sonst nichts läuft. Dachte ich zumindest – bis zu diesem Viertelfinale: Deutschland gegen Frankreich. Mein erstes komplettes Spiel der EM, und gleich so ein Drama! Frankreich, die kunstvoll-feinfüßigen Tänzerinnen auf dem Rasen, die mit Passspiel glänzten wie ein Pariser Catwalk. Technik, Taktik, Tempo – alles besser bei den Französinnen. Und dann auch noch Überzahl! Man hätte meinen können, das Schicksal hat ein Faible für Baguette und Ballett. Aber siehe da: Die deutschen Mädels hatten da eine andere Idee. Die kämpften, als ginge es um mehr als ein Halbfinale. Sie hatten nach dem Platzverweis und dem frühen Gegentor keine Chance und die haben sie genutzt. Alle rannten, grätschten, warfen sich in Bälle, als wollten sie das Spiel mit bloßer Willenskraft gewinnen. Und irgendwie taten sie das auch. Das war kein Ballzauber, das war keine filigrane Fußball-Feinkost – das war rohe Leidenschaft. Leidenschaft, die man in letzter Zeit bei ihren männlichen Kollegen schmerzlich vermisst. Die DFB-Herren delegieren Verantwortung gern ans Schicksal, die DFB-Damen hingegen nehmen es selbst in die Hand – oder besser: an den Fuß. Herz auf dem Platz, bis zum Umfallen. Respekt, Mädels. Und das kommt von einem, der eigentlich lieber den Herren der Schöpfung zuschaut und beim Stichwort Frauenfußball bisher müde gelächelt hat. Jetzt lächle ich nicht mehr. Jetzt steh ich auf – und klatsche.


