Verjährt, aber unvergessen: Die Arztpraxis, die keiner erklären konnte!

Es ist wieder soweit: Oktober – die Zeit für eine liebgewonnene Tradition, an das groteske Schauspiel rund um die berühmte Arztpraxis in Hochstetten-Dhaun zu erinnern. Moralische Fehltritte verjähren bekanntlich nie, und das Beste: Die Posse wird jedes Jahr aktueller. Damals, als Orts- / Verbandsgemeinde und Steuerzahlerbund sich die nettesten E-Mails hin und hergeschickt haben – so als wären sie bei einem gemütlichen Kaffeekränzchen und nicht mitten in einer hitzigen Kontroverse um Steuergelder und Renovierung. Man, man, man, was wurde da nicht alles an Kunststücken aufgeführt, um den kritischen Fragen aus Mainz zu entkommen. Akrobatik? Zirkuskunst? Nein, das war was anderes. Herausgekommen ist dabei jedenfalls nicht viel – zumindest keine überzeugenden Antworten, um Ortsbürgermeister Hans Helmut Döbell aus der Klemme zu helfen. Der arme Mann, wie sollte man auch so ein wackeliges Konstrukt noch retten? Und dann kam Rene Quante um die Ecke, das Gesicht des Steuerzahlerbundes in Mainz, und erteilte der Sache den Gnadenstoß. Quante nahm sich der Angelegenheit an wie ein Chirurg, der eine tickende Zeitbombe entschärft – und das Ergebnis? Vernichtend, aber unvermeidlich.

Einschätzung des Steuerzahlerbundes zum umstrittenen Arztpraxis-Prozedere in Hochstetten-Dhaun im Wortlaut:

Dass die neue Arztpraxis bedeutend besser konzipiert ist als die alte Praxis wurde uns glaubhaft dargelegt. Aber inwieweit Alternativen wie ein Neubau oder andere bestehende Objekte im Ort tatsächlich schlechter gewesen wären, ist im Detail leider nicht erklärt worden. Es blieb bei einer für uns letztlich nicht nachvollziehbaren Behauptung, dass Alternativen aus Kosten- und Zeitgründen nicht weiterverfolgt wurden. Bezüglich unseres Hauptkritikpunktes, der kommunalen Kostenübernahme für den Hausumbau, konnte uns keine wirklich überzeugende Erklärung gegeben werden. So weist die fragliche Immobilie drei Mieteinheiten auf, von denen die Arztpraxis mehr Fläche einnimmt als die beiden anderen zusammen. Der Sohn des Bürgermeisters investierte in die Immobilie über 220.000 Euro, aber die 75.000 Euro für den Praxisumbau seien ihm aus „kaufmännischen Gründen“ nicht zumutbar gewesen. Deshalb ist Hochstetten-Dhaun eingesprungen. Nähere Erklärungen dazu gab es nicht. Aber um die kaufmännische Seite des Projekts beurteilen zu können, hätten schon die Mietkonditionen genannt werden müssen, was die Verbandsgemeinde jedoch verweigert. Es bleibt also wieder bei einer nicht belegten Behauptung. 

Ebenso rätselhaft bleibt für uns die vermeintliche Notwendigkeit nach dem Doppel-Mietverhältnis bei der neuen Praxis. Hochstetten-Dhaun mietet die Räumlichkeiten vom Sohn des Bürgermeisters an und vermietet das Objekt wiederum an den Arzt weiter – beides für jeweils zehn Jahre. Bei den vereinbarten Monatsmieten hat die Verwaltung gemauert, aber einige Teilauskünfte zu anderen Vertragsinhalten gegeben. Sollte etwa der Arzt vorzeitig gehen, muss er pro Jahr des vorzeitigen Mietendes 7.500 Euro zahlen. An sich ist das eine vernünftige Vertragsklausel zur Absicherung. Ferner gibt es einen Mietaufschlag von 3.000 Euro im Jahr zur Teilfinanzierung der kommunalen Investitionen. Beides zeigt, dass der Eigentümer auch ohne Hochstetten-Dhaun eine vernünftige Vereinbarung mit dem Arzt hätte treffen können. Zum Vergleich: Bei der alten Arztpraxis war die Ortsgemeinde keine Mietpartei – und der Arzt praktizierte trotzdem rund 30 Jahre lang. Im Nachteil wäre die Ortgemeinde bei einer Insolvenz des Arztes. Dann müsste man mangels Sonderkündigungsrecht die Miete weiter an den Bürgermeistersohn bezahlen, würde aber vom Arzt die vereinbarten Sonderzahlungen nicht erhalten. 

Interessant ist ferner die beschriebene Rolle des Schwagers des Bürgermeisters als beteiligter Architekt. Laut Antwortschreiben hat er die Umgestaltung der Immobilie einschließlich der Arztpraxis übernommen. Für die Planungskosten ist der Sohn des Bürgermeisters als Eigentümer vollständig aufgekommen. Zumindest hier war die private Kostenübernahme auf einmal nicht unvermittelbar. Zu den familiären Verstrickungen zwischen dem Ortsbürgermeister, seinem Sohn und seinem Schwager wollte die Verbandsgemeinde Kirn-Land keine Stellung nehmen. Dass aber bei so einer Konstruktion ein deutliches Geschmäckle vorhanden ist, dürfte wohl kaum jemand leugnen können. Die Art und Weise der Durchführung dieses Projektes hinterlässt bei uns keine Euphorie wie bei den Kommunalpolitikern, sondern ziemliche Bauchschmerzen. Dennoch ist aus unserer Sicht nichts Justiziables angefallen. Nun liegt es bei den Bürgern, ihre private Wertung vorzunehmen. Für uns liest sich der Fall weiterhin wie gelebte Vetternwirtschaft auf kommunaler Ebene. Schließlich wurden die familiären Verstrickungen bei diesem Projekt weder geleugnet noch widerlegt. Und dass es tatsächlich die beste aller möglichen Alternativen war, hat die Verbandsgemeinde in ihren Schreiben nur behauptet, aber nicht konkret nachgewiesen.

Rene Quante, Geschäftsführer des BdSt Rheinland-Pfalz