Das Abwasser-Gebühren-Chaos im Kirner Land hat die tiefgreifende Verwaltungskrise weiter verschärft. Mehr noch: Die unmittelbaren Folgen sind heuer auf die Stadt übergeschwappt. Die Entscheidung des Stadtrats, einer moderaten Erhöhung der Grundsteuer um 20 bis 25 Euro pro Jahr nicht zuzustimmen, erweist sich im Nachhinein als fatal. Der Ursprung dieses Dilemmas liegt in den Entscheidungen des Duos Jung und Stumm, deren gravierende Fehler im kausalen Zusammenhang mit dem Votum der Stadtratsmitglieder stehen. Wegen der schlechten Stimmungslage haben die sich nicht getraut. Trotz der Bemühungen von Bürgermeister Frank Ensminger, die Stadtratsmitglieder über die gravierenden Folgen ihrer Ablehnung aufzuklären, wurde die Anhebung um 35 Punkte nahezu einstimmig abgelehnt – mit weitreichenden Konsequenzen. Gut gemeint, aber nicht zu Ende gedacht? Maybe? Wenn man bedenkt, dass überall drumherum geräuschlos Anhebungen durchgewunken wurden, dann liegt der Verdacht zu kurz gesprungen zu sein recht nahe. Die Kommunalaufsicht hat jedenfalls unmittelbar reagiert und alle Projekte sowie Ausgaben der Stadt gestoppt.
Eine entsprechende Mail, die als scharfe Mahnung an den Stadtrat verstanden werden kann, unterstreicht die Ernsthaftigkeit der Lage. Der Stadtrat hatte möglicherweise gehofft, die angespannte Stimmung in der Bevölkerung zu beruhigen. Doch nun steht die Stadt vor einem finanziellen Stillstand. Mehr noch: Die ist schon mittendrin. Der Stadtchef ist in seinen Entscheidungen massiv eingeschränkt. Selbst alltägliche Anschaffungen wie Schippen für den Bauhof oder Glühbirnen für die Straßenlaternen sind ohne Zustimmung der übergeordneten Behörden nicht mehr möglich. Ganz zu schweigen von kleinen und großen Projekten oder freiwilligen Leistungen. Die Blockade der Grundsteuererhöhung durch den Stadtrat wird von einigen Insidern als klassisches Eigentor gesehen, zumal das Signal an mögliche Investoren abschreckend wirkt. Die übergeordnete Kommunalaufsicht hat Kirn nun die „Daumenschrauben“ angelegt. Die Folge: Alle städtischen Ausgaben stehen auf dem Prüfstand.
Diese drastischen Maßnahmen zeigen, dass die übergeordneten Behörden nicht zögern, durchzugreifen, wenn sie das Gefühl haben, dass lokale Gremien ihre finanziellen Verpflichtungen nicht ernst nehmen. Die Konsequenzen dieser Entscheidung sind weitreichend. Die Handlungsfähigkeit der Stadt ist stark eingeschränkt, und die Mitglieder des Stadtrats müssen sich nun fragen, ob ihr Boykott der Grundsteuererhöhung wirklich im besten Interesse der Bürger war. Die Verwaltungskrise hat Kirn in eine schwierige Lage gebracht, aus der es nur mit der Zustimmung zur Steuererhöhung einen Ausweg geben könnte. Kirn steht vor einer wichtigen Entscheidung: Entweder gibt der Stadtrat nach und stimmt der Grundsteueranpassung zu, oder die Stadt bleibt weiterhin in einem Zustand der finanziellen Lähmung. Dieses Dilemma zeigt einmal mehr die Probleme eines Systems, das auf Druck und Zwang basiert. Ausbaden müssen das die Kommunen.